Pellets für Trockensteher
Höhere Futteraufnahme, gesunde Kühe, mehr Milch: Was Haferspelzpellets in der Trockensteher- Ration bewirken und ob sich die Investition auszahlt, berichtet ein Praktiker.

Kalbungen machen uns jetzt richtig Spaß“, freut sich Hilko Kleemann. Seitdem er im Dezember 2024 die Fütterung der Trockensteher auf den Kopf gestellt hat, starten die Kühe problemlos und mit hohen Milchleistungen in die neue Laktation. Das Wundermittel: Haferspelzpellets.
20 KG TS-AUFNAHME
In den vergangenen Jahren hat der Betrieb aus Lütetsburg nahe der Nordsee die trockenstehenden Kühe mit gemahlenem Stroh als Strukturkomponente in der Ration gefüttert. Hinzu kamen Maissilage und Rapsextraktionsschrot. Die Kühe haben täglich etwa 14 kg Trockenmasse (TM) gefressen. Das war Hilko Kleemann zu wenig: „Wir haben einen großen Liegebereich auf Stroh und ich hatte den Eindruck, dass die Tiere zu faul waren, aufzustehen bzw. ihnen das Futter nicht schmackhaft genug war." Glycerin on top mit einer Gießkanne hat auch nicht geholfen. Um das zu ändern, hat er Stroh durch Dinkelspelzen ersetzt. Das hat zwar für 3 kg mehr TS-Aufnahme gesorgt, jedoch waren sie nach kurzer Zeit nicht mehr verfügbar. So haben die Haferspelzpellets ihren Weg in die Ration gefunden. Mit Erfolg: Die Futteraufnahme ist erneut um 3 kg auf aktuell 20 kg TS gestiegen. „Diese großen Mengen hätte ich selbst nicht für möglich gehalten“, sagt Tierarzt Dr. Björn Steudtner von der Tierarztpraxis Burhafe/Middels aus Wittmund (NI). Er übernimmt die tierärztliche Bestandsbetreuung sowie die Rationsberechnung auf dem Betrieb Kleemann. Aktuell besteht die einphasige Ration aus 7,8 kg Maissilage, 8,1 kg Haferspelzpellets, 3,6 kg Rapsextraktionsschrot, 200 g Mineralfutter und 45 g Viehsalz.
VIEL MILCH ZUM LAKTATIONSSTART
Seit der Umstellung auf Haferspelzpellets haben ca. 40 Tiere gekalbt, darunter einige alte Kühe. „Alle starten problemlos in die Laktation. Keine von ihnen hat Anzeichen für Milchfieber gezeigt“, freut sich Hilko Kleemann. „Und sie geben zwischen 6 bis 20 Liter Kolostrum in gleichbleibend guter Qualität.“ Neulich bekam eine Kuh bei ihrer fünften Kalbung Zwillinge. Die Nachgeburt ging problemlos ab und nach drei Wochen gab sie 60 kg Milch am Tag. Eine andere Kuh hat bereits die 100.000-kg-Marke geknackt und gibt nach ihrem neunten Kalb über mehrere Milchkontrollen hinweg 50 kg täglich. Lediglich eine vorsorgliche Calcium-Infusion hat sie zusätzlich bekommen. Hohe Leistungen zum Laktationsstart sind nicht selten: Aktuell gibt die Gruppe der Kühe, die 100 Tage in Milch sind, durchschnittlich 54 kg. „Das sind 6 kg mehr als unsere bislang beste Kontrolle im Herdenschnitt“, sagt der Landwirt. Er stellt fest, dass die Kühe langsamer Körperkondition abbauen während der Hochleistungsphase. Das spiegelt sich auch in den unauffälligen Ergebnissen von Ketosetests und Milchkontrolle wider. Auf die routinemäßige Eingabe eines Pansenbolus vor jeder Kalbung, der den Energiestoffwechsel stabilisiert, verzichtet der Betrieb nun komplett. Im Mittel aller Melkenden liegt die Leistung bei 38 kg.
WENIGER WIEDERKAUEN
Mit dem Start der Pellet-Fütterung haben einige trockenstehende Kühe vor der Kalbung nicht genügend aufgeeutert. Dr. Björn Steudtner und Hilko Kleemann haben den Raps-Anteil deshalb von 2 auf 4 kg angehoben. Seitdem ist das Problem behoben. Der Rohproteingehalt (XP) liegt nun bei 12 statt 10 %. Obwohl die Empfehlung bei 14 % XP liegt, nehmen die Kühe durch die hohe TS-Aufnahme dennoch genügend an absoluter Menge Rohprotein auf.
„Woran man sich gewöhnen muss, ist die niedrigere Wiederkauaktivität“, sagt Kleemann. Der Tierarzt erklärt das so: „Die Kühe hauen sich im wahrsten Sinne den Pansen voll und fressen dann für zwei Stunden nicht mehr. Wegen des geringen Gehalts an strukturierter Rohfaser, kauen sie weniger wieder. Struktur ist trotzdem genug enthalten.“ Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist das nicht optimal, dennoch wirkt es sich nicht negativ auf die Tiergesundheit aus.
Mit der Kondition und dem äußeren Erscheinungsbild der Trockensteher sind Tierarzt und Landwirt sehr gut zufrieden. Sie sind glatt im Fell und haben gefüllte, runde Bäuche. Eine extrem lange Trockenstehzeit empfiehlt er jedoch nicht, da die Kühe wegen der hohen Futteraufnahme zu viel Kondition zulegen könnten. Auch der Stoffwechselumsatz ist mit der neuen Ration gestiegen: Es fällt mehr Kot an, sodass der Landwirt nun häufiger einstreuen muss.
ETWAS TEURER, ABER GESUND
Die Haferspelzpellets bezieht Hilko Kleemann vom Landhandel Nord- West. Aktuell kosten sie 167 €/t. „Wir haben uns einen Kontrakt gesichert, da die Preise und die Nachfrage tendenziell steigen“, sagt er. Steudtner ergänzt: „Je nach Witterung ist es schwer, hochwertiges Futterstroh zu finden. Die Preise liegen mittlerweile in ähnlicher Höhe, wenn nicht sogar darüber.“ Seit Kurzem mischt Kleemann auch in die Trocken-TMR für Kälber 20 % Pellets. Mit 8,5 kg je Tier und Tag fressen sie die Ration im Alter von 1 – 6 Monaten gerne. Kleemann zieht Resümee: „Die Fütterung der Trockensteher und Kälber ist teurer geworden, weil die Futteraufnahme deutlich höher ist. Aber die Tiergesundheit überzeugt mich.“

Hilko Kleemann hält 250 Kühe
in Lütetsburg (Niedersachsen)

Dr. Björn Steudtner, Tierarzt in der
Praxis Burhafe/Middels in Wittmund